Das Eliminieren von Prüfungsfragen mit mehreren richtigen Antwortmöglichkeiten
Besonders in medizinischen und naturwissenschaftlichen Prüfungen werden zur schnellen Wissensabfrage von den Hochschulen auch Multiple-Choice-Aufgaben (sog. Antwort-Wahl-Verfahren) genutzt, zumeist in der Variante, dass es nur eine richtige Antwort geben soll (Single-Choice). Manchmal gelingt es den Prüfern als Entwickler von Fragen allerdings nicht, diese Eindeutigkeit unter einer Auswahl von zumeist fünf Antwortmöglichkeiten herzustellen. Oft wird dieses erst dadurch deutlich, dass Prüfungskandidaten oder –kandidatinnen dieses im Anschluss an die Prüfung monieren. Manche Prüfungsordnungen sehen sogar ein entsprechendes Verfahren vor, diese Hinweise binnen weniger Tage nach der Prüfung einzureichen.
Es gibt hier – so die Beobachtung von Herrn Rechtsanwalt Joachim Drinhaus – durchaus noch eine Handhabung, dass dann nicht nur für die eigentlich als richtig angesehene Antwort, sondern auch für eine weitere ebenfalls richtige Antwort ein Punkt vergeben wird, war diese angekreuzt. Zumeist folgen die Prüfungskommissionen aber der Rechtslage und „eliminieren“ diese Frage aus der Prüfung. Wir wollen die in Details komplizierte Thematik hier nur als Erstinformation anreißen: Mit der Eliminierung von Fragen verringert sich die Anzahl der Prüfungsfragen, die Anzahl der Gesamtpunkte der Prüfung und insbesondere die absolute Bestehensgrenze (60 %). Hierfür muss ein Nachteilsausgleich für Kandidaten berechnet werden, die die eliminierte Frage(n) richtig beantwortet hatten, denn sonst wären sie benachteiligt gegenüber solchen, die eine solche Frage ohnehin ganz falsch beantwortet hatten. Dieses schreibt beispielsweise § 14 Abs. 4 Satz 2 der Ärztlichen Approbationsordnung als Grundsatz fest. Es ist anwaltliche Aufgabe, dieses zu überprüfen und nachzurechnen, wenn es auf den dadurch fehlenden Punkt ankommt. Manchmal kommt es allerdings rechnerisch nicht zu einem weiteren Punkt, weil generell gilt, dass nur ganze Punkte vergeben werden können und Dezimalstellen hinter dem Komma nicht aufgerundet werden.
Für Kandidaten, die die Arbeit als Wiederholungsprüfung schreiben, kommt dann noch hinzu, dass die Eliminierung auf die Anwendung einer weiteren Vorschrift Auswirkungen hat, zumeist bekannt als „22-%-Regelung“ oder „Gleitklausel“. Auch hier kann sich rechnerisch eine Verschiebung ergeben. Diese aber ist abhängig davon, dass ein Vergleich mit Prüfungskandidaten erfolgt, die einer sog. „Referenzgruppe“ angehören. Diese Gruppe ist in der Prüfungsordnung definiert. Von deren statistischem Ergebnis, einem Mittelwert, ausgehend wird ermittelt, ob die betroffenen Wiederholungskandidaten eine Punktezahl erreicht haben, die nicht unterhalb dieser 22 % liegt, die sog. „relative Bestehensgrenze“.
In einem Prüfungsfall aus dem Jahr 2018 an einer rheinland-pfälzischen Universität hatte Herrr Rechtsanwalt Joachim Drinhaus errechnet, dass der Nachteilsausgleich trotz der von unserer Mandantschaft richtig beantworteten, jedoch eliminierten Frage nicht berechnet und damit von einer fehlerhaften Punktezahl ausgegangen worden war. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens stellte sich sodann zusätzlich noch heraus, dass aus technischen Gründen die Ergebnisse der Referenzgruppe für die Berechnung der relativen Bestehensgrenze nicht vorhanden waren, um auch auf diesem Wege ein Ergebnis errechnen zu können. Das war ein organisatorisches Verschulden der Hochschule, das eine konkrete Kontrolle dieser Bewertung verhinderte.
So konnte die Mandantschaft aufgrund des dann doch zugrunde gelegten Nachteilsausgleichs und Vergabe des fehlenden Punktes für die eliminierte Frage ihr Studium mit bestandener Prüfung fortsetzen.
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